09November
2016

Ein bisschen Badekultur

Sonnenuntergang beim See Oyunuma (Noboribetsu)

Von Sapporo aus kann man eigentlich weiter gen Norden um Hokkaido, also die nördlichste Hauptinsel Japans zu erkunden. Auch im Winter kann man vor allem Ski fahren oder dann im Februar die ganzen Schneefestivals genießen. Zum Skifahren sind wir allerdings nicht hier und Abfahrt kann sowieso keiner von uns beiden. Für den Rest sind wir ein bisschen zu früh. Der Sommer ist hier wahrscheinlich deutlich lohnenswerter, vor allem bezüglich Natur und Wandern. Nun ja, ein anderes Mal.

Also entschieden wir uns für die Reise nach Süden, wie sowieso im Verlauf geplant. Ausgestattet mit einem Japan Rail Pass (den man nur außerhalb Japans erhalten kann und welchen wir uns nach Christchurch haben schicken lassen, weil wir, wie immer, etwas spät mit der Organisation dran waren…) ging es los nach Noboribetsu (1,25 Stunden Zugfahrt) oder besser nach Noboribetsu Onsen. Das ‚Onsen‘ steht für ‚Bad‘ im Deutschen. Es gibt also Quellen und da Japan bekannterweise sehr viel Vulkanismus aufweist, sind diese auch heiß. Wir haben uns also für eine Nacht im Noboribetsu Grand Hotel einquartiert (kein Kommentar…). Allein die Anmeldung dauerte. Wie es scheint, gab es kein Zimmer für uns und einzig unsere E-mail von Expedia.de sorgte letztlich dafür, dass man uns doch aufnahm – und in eine Suite verfrachtete, die in etwa das Drei- bis Vierfache kostete wie das Zimmer, das wir eigentlich gebucht hatten. Nicht, das wir uns beschwert hätten. ;)

Ein bisschen herum laufen kann man in dem Örtchen, was man per Bus vom Bahnhof aus erreicht. Viel zu sehen gibt es allerdings nicht und die Restaurants haben auch, wie es scheint, nur Mittags geöffnet bis auf wenige Ausnahmen. Der Noboribetsu Bear Park ist per Seilbahn erreichbar. Da Hokkaido Braunbären hat, wollten wir uns diese gern anschauen. So ganz unser Ding war es letztlich nicht, da artgerechte Haltung irgendwie anders aussieht. Nun ja, hinterher ist man immer schlauer.

In ganz Noboribetsu finden sich verschiedene Dämonen Braunbärjunges Aussicht auf das Meer vom Bear Park Noboribetsu aus

Ansonsten kann man sich Hell‘s Valley anschauen. Hier hat man wieder schwelfelgefärbtes Gestein und heißen Dampf. Ist ganz niedlich, aber wir waren in Rotorua. Da ist es schwer, mitzuhalten. Dann kann man sich noch die Gegend anschauen auf kleinen Wanderwegen. Ach ja, einen Geysir gibt es mitten im Ort! Der bricht regelmäßig aus.

Hell's Valley (Jigokudani) Sieht schon aus, wie eine Mondlandschaft Schick, oder? Willkommen in Japan: Anstatt den Baum wegzumachen, stellt man eine Fußbank auf jede Seite... Lauter kleine Figuren - festgebunden oder erhängt?!

Man kommt natürlich in Orte mit ‚Onsen‘ im Namen, um sich mit der Badekultur Japans vertraut zu machen. Nun fanden wir in unserem Hotelzimmer zum einen eine Art Lederschlappen, zum anderen Yukata in mehreren Größen mit entsprechendem Gürtel und Haori (Überzieher). Und los ging das Raten, wie man das eigentlich trägt, was man darunter zieht und ähnliches. Zum Glück gab es wenigsten ein Bild als Erklärung sowie eine Tabelle mit den Größen. Den Rest findet man dann per Google.

Im Yukata und Haori Ist schon irgendwie sehr witzig

Jetzt die Sache mit den Onsen. So gut wie jedes Hotel hat welche, sprich, man kann auch Onsenhopping betreiben, wenn man das möchte. Wir wollten allerdings erst einmal schauen, wie das überhaupt abläuft. Auch hier gab es eine Kurzanleitung im Zimmer sowie deutlich bessere Erklärungen im Internet.

Also Augen zu und durch! Rote Vorhänge für den Eingang der Damen, blau für die Herren. Nach spätestens anderthalb Stunden wollten wir uns im Hotelzimmer wieder treffen, da in fast allen Fällen hier eine strenge Trennung der Männer und Frauen vorliegt. Also Schuhe aus (das ist auch so eine Sache, an die man sich erst einmal gewöhnen muss), Klamotten verstauen, Minihandtuch nehmen (witzigerweise ‚modesty towel‘ genannt) und rein ins Bad. Dann je nach Bedarf: erst kurz Waschen, dann im Onsen einweichen, dann richtig waschen und wieder weiter aufweichen gehen. Oder gleich richtig waschen und dann aufweichen im Onsen. Was macht man? Man starrt so unauffällig wie möglich die anderen anwesenden Personen an und versucht rauszukriegen, wie es richtig ist. Allein schon die Technik mit Hinsetzen und Schüssel mit Wasser füllen und Einseifen und Duschkopf und und und......... In welcher Reihenfolge bitte was?! Wenn man das überlebt hat, dann geht es in den Onsen. Soweit jedenfalls die Theorie. Das ‚modesty towel‘ darf sich dann an den Beckenrand oder magisch auf den Kopf bewegen, wenn man sich versenkt.

Welcher Pool zuerst? Der größte natürlich! Blöde Idee… Ich habe sehr lange gebraucht, meine beiden Füße in das sauheiße Wasser zu bekommen. Während dessen kann man beeindruckt dabei zuschauen, wie die Japanerinnen direkt vom Duschen mit zwei Schritten bis zum Hals im deutlich über 40 Grad Celsius heißen Wasser verschwinden. Irgendwas mache ich doch falsch, oder?

Man trägt jedenfalls wieder zur Belustigung aller Anwesenden bei, die feststellen, dass man Ausländer ist, und nicht mit der Temperatur klar kommt. Es kommt dann mit Händen und Füßen und auf Japanisch der Hinweis, dass die anderen Pools kälter sind. Waren sie auch und ich kam tatsächlich in den Genuss mal ganz im Wasser zu sitzen und mir nicht nur die Füße zu verbrühen.

In unserem Onsen gab es Pools mit Eisen-, Salz- sowie Schwefelwasser. Temperaturen standen leider nicht dran, weshalb es ein bisschen Ausprobieren war. In dem ganz großen Pool war ich übrigens nie wirklich drin. Selbst nach fast einer Stunde Gewöhnungszeit ging das nicht.

Zurück im Hotelzimmer konnte ich dann feststellen, dass es meinem Bruder exakt wie mir ergangen ist, nur dass bei ihm weniger Leute anwesend waren. Ach ja, der Onsen hatte Tag und Nacht geöffnet, bis auf eine Stunde zwischen 2:30 und 3:30 in den Morgenstunden. Sehr genial.

Von Noboribetsu Onsen ging es weiter nach Toya (40 Minuten Zugfahrt) beziehungweise zum Lake Toya. Dort hatten wir nicht so das besondere Wetter, sprich: es regnete. Das Rumlaufen hielten wir also recht kurz und besuchten lieber das Volcanic Science Museum. Das war ganz interessant, da Toya am Mount Usu liegt, welcher regelmäßig alle 20-50 Jahre ausbricht, letztmalig 2000.

An dieser Stelle sollte ich das Boyotei erwähnen, ein kleines Restaurant, in dem wir zum Mittagessen gelandet sind. Sehr lecker!!!

Danach ging es noch am selben Tag weiter nach Hakodate (1,5 Stunden Zugfahrt). Diese Stadt stand hauptsächlich auf dem Reiseplan, da hier die Strecke des Shinkansen, des japanischen Hochgeschwindigkeitszuges, beginnt – und zwar seit Februar diesen Jahres. 2030 soll die Strecke dann bis Sapporo durchgehen.

Hakodate ist bekannt für die Aussicht vom Mount Hakodate auf die nächtliche Stadt. Das haben wir dann auch noch gemacht und müssen zugeben, dass es sich bei schönem Wetter auch lohnt. Mehr haben wir nicht wirklich gesehen, da – oh Wunder – wir am nächsten Tag Schnee hatten. Bei dem Wetter hatten wir dann keine Lust mehr durch die wirklich kalte Stadt zu laufen.

Blick von Mount Hakodate (Panoramafoto)

Damit ist unsere Zeit auf Hokkaido auch schon wieder zu Ende, was am einbrechenden Winter liegt. Insgesamt steht die Insel aber gern nochmals auf dem Reiseplan, da wir wissen, was man alles an Wanderungen machen kann. Und es soll sich wirklich lohnen. Abgesehen davon, spätestens die Schneefestivals und die Eisberge sind sicherlich eine Reise wert, aber, wie schon gesagt, dafür sind wir ein paar Monate zu früh dran und auch unzureichend mit warmer Kleidung versehen.

Also auf in den Herbst! Zumindest hoffen wir das.

Man beachte die ganzen japanischen Touristen. Irre! (Mount Hakodate)