14November
2016

Millionenmetropole Tokio

Stadt so weit das Auge reicht (Ausblick vom Tokio Tower)

Willkommen in Tokio! Die Hauptstadt Japans, wo etwa 25 % aller Japaner leben, ist die größte Metropolregion der Welt. Selbst mit dem Shinkansen fragt man sich beim Blick aus dem Fenster wo eine Stadt aufhört und die nächste anfängt. Die Übergänge sind fließend und außer der eventuell abweichenden Größe der Hochhäuser, erscheint alles auf Anhieb gleich. Trotzdem kann man sich tagelang beschäftigen.

Als Unterkunft haben wir das Hotel Unizo Ginza-nanachome gewählt. Der Preis ist übrigens utopisch, aber nun ja. Wir sind in Tokio und da scheint alles etwas teurer zu sein…

Was Fortbewegung in Tokio angeht, so gibt es da gefühlt hundert verschiedene Varianten. Metro, S-Bahn, Bus, Züge von JR, … Alles ist möglich. Der Japan Railpass hat uns also auch hier geholfen, den Rest haben wir wieder über die Suica erledigt. Ach ja, um zu wissen, wie man von A nach B kommt, haben wir bisher immer auf Hyperdia.com zurück gegriffen. Die können einem zwar nicht sagen, ob der Railpass auf den Strecken gilt, zeigen einem aber, wer der Betreiber ist, sprich, man kann sich selbst eigentlich ein gutes Bild machen. Auch, oder gerade für die Überlandzüge inklusive Shinkansen, ist diese Website (oder die zugehörige App) wirklich gut.

Der erste Anlauf, sich noch am Ankunftstag etwas Touristisches anzuschauen, scheiterte an den Öffnungszeiten. Unser erstes Ziel hätte der Meiji-Schrein sein sollen, aber des Häufigeren werden bei Tempeln und Schreinen die Tore bei Sonnenuntergang geschlossen. In unserem Fall hieß das 16:10 Uhr. Da wir aber schon mal in Harajuku waren, haben wir uns auch gleich die schätzungsweise wichtigste Fußgängerzone vor Ort angeschaut. Der irre Wahnsinn, wie viele Leute sich dort tummelten.

Am nächsten Tag haben wir den Meiji-Schrein nochmals in Angriff genommen. Da es ein Wochenende war, war es brechend voll. Zwischen den ganzen Touristen und auch Japanern, die einfach so für ihre Gebete her kommen, wuselten viele Kinder in Kimonos herum. Auch die Eltern waren sehr förmlich gekleidet, die Mutti meist ebenfalls im Kimono, der Vater im Anzug. Mein Bruder wusste dann, dass in der kommenden Woche der 7-5-3 (Shichi-go-san) sein soll. Ich würde es mit einer Art Kindertag beschreiben.

Als Tourist sieht man die 3- und 7-jährigen Mädchen im Kimono, mit den tollsten Frisuren und Haarschmuck sowie geschminkten Gesichtern. Die 3- und 5-jährigen Jungs in ihren Kimonos und Haori, gegebenenfalls auch Hakama sehen auch nicht weniger spektakulär aus. Beeindruckend ist die Tatsache, dass die Kinder schon in den traditionellen Geta (japanischen Sandaletten, die Flip Flops sehr ähnlich sind) laufen können.

Torii des Meiji Schreins Das Hauptgebäude Im Hintergrund sind Sakefässer, im Vordergrund Kinder in Kimonos (die Mutti auch) aufgrund des 7-5-3 Die Mädchen sehen aus wie kleine Prinzessinnen (inklusive perfekt sitzender Frisur und Make-Up) Und noch mehr Kinder (hab halt immer versucht unauffällig zu fotografieren, daher die ganzen Bilder von hinten)

Die auf dem Gelände vorhandenen beiden kleinen Museen Homotsuden und Homotsu-Tenjishitsu haben wir uns auch angeschaut, da sie über das Leben und Wirken von Kaiser Meiji und seiner Frau Shoken berichten. Abgesehen davon sind diese nicht immer offen, wir hatten also Glück.

In Tokio kann man alles kaufen, was das Herz begehrt. Einkaufszentren gibt es wie Sand am Meer und in jedem Reiseführer werden unterschiedliche empfohlen. Nun sind wir nicht zum Shoppen hier, was die Auswahl an Dingen, die man unbedingt gemacht haben muss, deutlich schrumpft. Nein, Fisch steht immer noch nicht auf der Wunschliste, weshalb der wohl sehr berühmte und eindrucksvolle Fischmarkt raus war. Blieb Akihabara, wo man als Anime- und Mangafreund schon mal einen Abstecher hin machen kann. In den Gassen wird man immer wieder von spektakulär angezogenen Mädchen angehalten und bekommt Infoblätter in die Hand gedrückt, die für irgendwelche Cafés werben. Ob man ein solches besuchen muss, sollte jeder für sich entscheiden. Wir haben es vorsichtshalber gelassen. Man kann sich allerdings, wenn man sich denn erst einmal in einen der letztlich gigantischen Läden hinein traut, sehr viel anschauen. Von Wänden aus Mangas, Dojinshis (fein säuberlich eingeteilt von harmlos bis nicht mehr jugendfrei, für Männer und Frauen), Animes, Soundtracks bis hin zu Figuren von allen möglichen Charakteren, Kostümen und Sammelkarten gibt es wirklich alles – und das in jeder nur erdenklichen Preisklasse. Wie gut, dass wir als Rucksacktouristen unterwegs sind und ich schon einen Aikido-Gi mit herumschleppen muss (dazu später mehr). :)

Einen Abstecher zum Ghibli-Museum, welches ich wirklich gern besucht hätte, konnten wir uns letztlich sparen. Hier muss man sich seine Karten rechtzeitig organisieren (ab dem 10. eines jeden Monats werden diese online verkauft), was wir nicht wussten und folglich auch nicht gemacht hatten. Für alle anderen Museen waren wir dann wieder einmal zu spät und der nächste mögliche Tag war ein Montag, an welchem in Japan die Museen geschlossen haben.

Wir haben uns also Shibuya Crossing, die weltberühmte Kreuzung, bei der einfach alle Fußgänger bei grün quer laufen, angeschaut und sind auch selbst zweimal drüber gelaufen. Eine sehr witzige Angelegenheit. Ich schwöre, der Starbucks vor Ort hat nur so einen guten Umsatz, weil man von dort den besten Ausblick auf die Kreuzung hat.

Und das Ganze bei grün - irre! Wir mussten natürlich auch mal mitten rein :)

Der letzte Tag in Tokio begann sehr früh, um genau zu sein 5:30 Uhr. Wessen Schuld ist das? Meine natürlich. Ich bin in Deutschland seit wenigen Monaten bei Aikido, einer japanischen Kampfsportart (eher Verteidigungssportart, da keine Angriffe trainiert werden). Nachdem meinen Mitstreitern klar war, dass ich nach Japan reisen würde, wurde mir ans Herz gelegt, dass ich unbedingt den Honbu Dojo besuchen muss, die Geburtsstätte des Aikido. Soweit so gut. Dafür braucht man natürlich einen entsprechenden Anzug, den man leider nicht ausleihen kann. Mitgebracht habe ich meinen bisher vorhandenen Karateanzug allerdings nicht. Warum auch? Einen Anzug halb um die Welt schleppen? Nee, da kauft man (Frau) sich lieber vor Ort einen und schleppt ihn dann mit nach Hause. ;)

Um die ganzen logistischen (Wo ist der Dojo? Wie lange brauchen wir dahin? Finden wir ihn überhaupt?) und formellen Dinge zu klären (Darf ich ohne derzeit vorhandenem Mitgliedsausweis mitmachen? Anzug kaufen etc.), waren wir am Vortag schon einmal da gewesen. Da ich zum Aikikai gehöre (oder besser mein Trainer in Deutschland, da ich selbst, wie schon erwähnt, noch gar keine Mitgliedskarte habe), durfte ich gegen eine Gebühr mittrainieren. Der dezente Hinweis meines Trainers war, dass man doch das Training beim derzeitigen Chef des Aikikai und direktem Nachkommen des Großmeisters O-Sensei, dem Begründer des Aikido, mitmachen solle. Der macht allerdings die sehr frühen Stunden… Für Anfänger 7-8 Uhr. Daher durften wir so früh aufstehen.

Für mich hieß es also eine Stunde lang im Kreise von nahezu nur Japanern und einigen Zugewanderten mittrainieren. Da sehr schnell auffiel, dass ich kein Japanisch kann und die Anweisungen recht schlecht verstehe (ja, die Begriffe für die Verteidigungen sind gleich, heißt aber nicht, dass ich sofort weiß, was gemeint ist – dafür bin ich noch nicht lange genug dabei), wurde mir kurzerhand von Ueshiba Mitsuteru, dem Urenkel von O-Sensei und zukünftigem Leiter des Aikikai (es gibt leider kein Beweisfoto, da er nach dem Training zu schnell weg war), welcher an diesem Tag das Training leitete, der nächste Rangälteste als Trainingspartner zugeteilt. Irre, was man in einer Stunde alles lernen kann! Ein kleines Lob habe ich zum Schluss sogar eingeheimst, weil ich mich wohl nicht ganz so dusselig angestellt habe. Man kann sich vorstellen, wie sehr ich mich darüber gefreut habe.

Wenn man die Beschilderung einmal gefunden hat, hilft sie tatsächlich weiter Und zwar echt aus Japan!!! Vom Aikikai!

Von meinem Mattenbrand habe ich erst in der Umkleidekabine etwas gemerkt. Der Muskelkater dürfte auch beeindruckend werden, da ich ja seit zwei Monaten sportlich völlig abstinent war.

Mein Bruder hat übrigens einfach zugeschaut, was auch möglich ist (ohne Gebühr).

Fazit: Wer beim Aikikai ist und in Tokio vorbei kommt, der sollte wirklich in den Honbo Dojo. Die Trainingsgebühr (übrigens für einen gesamten Tag gültig) ist die Erfahrung wert, dort einmal gewesen zu sein. Die entsprechende Website ist übrigens auch vollständig in Englisch vorhanden und spätestens der FAQ-Teil ist ein Traum.

Danach ging es frühstücken (wird hier erwähnt, da das Training auf leeren Magen stattfand und mein Zuckerhaushalt nach einer sehr schlechten Nacht – aufgrund der Nervosität – im Keller war) und wieder ins Hotel (zum Schlafen für eine weitere Stunde ;) ), was netterweise erst 12 Uhr Check-Out hatte. Zum Abschluss unseres Tokioaufenthaltes besuchten wir noch den Zojoji Tempel. In diesem buddhistischen Tempel gibt es eine Treasure Gallery, welche sich lohnt anzusehen, da hier ein über 100-jähriges Modell des im zweiten Weltkrieg zerstörten Mausoleums von Hidetada, dem zweite Tokugawa Shogun präsentiert wird. Das Modell ist erst vor wenigen Jahren aus Großbritannien zurückgekehrt, wo es einst dem königlichen Hof zum Geschenk gemacht wurde. Es ist detailgetreu mit Originalmaterialien erbaut und exakt genauso dekoriert, wie das nicht mehr vorhandene Original (inklusive Säulen, Innendeckenbemalung und Fußböden).

Der Zojoji Tempel mit direkt dahinter liegendem Tokio Tower Das Eingangstor des Zojoji

Zum Abschluss besuchten wir den direkt hinter dem Tempel liegenden Tokio Tower. Der ist bekanntlich nicht mehr das höchste Gebäude Tokios (das ist der Tokio Sky Tree, welcher mit seinen 634 Metern derzeit nach dem Burj Khalifa das zweithöchste Gebäude der Welt ist), aber er hat eine tolle Aussicht.

Am Fuße des Tokio Towers - sieht ein bisschen aus, wie der Eiffelturm Der Zojoji vom Tokio Tower aus

Von Tokio aus geht es weiter gen Süden und zwar nach Kamakura.

P.S.: Am 14.11.16 hat es, wie jeder Dank der Nachrichten weiß, in Neuseeland auf der Südinsel ein großes Erdbeben der Stärke 7,5-7,9 auf der nach oben offenen Richterskala gegeben und zwar nördlich von Christchurch. Ein kleines bisschen bin ich froh, dass wir nicht mehr da sind. Da ich bei meiner letzten Neuseelandreise in Kaikoura war, dem Ort, den es mit am stärksten getroffen zu haben scheint, ist es beängstigend, die aktuellen Bilder zu sehen. Man kann den Kiwis nur die Stärke wünschen, die sie schon nach dem letzten großen Beben 2011 beim Wiederaufbau bewiesen haben.

Straße mitten in Tokio - die einfach mal für Autos am Abend gesperrt war (um die Ecke vom Hotel)