12November
2016

Von Nudeln und Samurai

Ausblick von Yamadera auf die gegenüber (in der Wolke) liegenden Berge - phantastisch!

Mit dem Shinkansen ging es von Hakodate nach Morioka (2,5 Stunden Fahrzeit). Die Fahrt mit dem „Bullet train“, wie er im Englischen so schön heißt, ist schon recht interessant, da man die Geschwindigkeit eigentlich nicht merkt. Abgesehen davon ist er der reinste Luxus. So viel Beinfreiheit und Rücklehnmöglichkeit hätte ich gern mal im Flieger oder ICE. Der einzige Haken an der Sache ist, dass man häufig durch Tunnel fährt und somit, je nach Strecke, nicht unbedingt viel von der Landschaft sieht.

Morioka stand auf der Liste, weil der Shinkansen dort hält und sich gut Unterkünfte finden ließen. Wir sind im New City Hotel Morioka unter gekommen. Die Sache mit den Hostels haben wir so gut wie aufgegeben. An Unterkünften bleiben wir derzeit aufgrund der meist guten Lage und des akzeptablen Preises (natürlich weit oberhalb unseres eigentlich geplanten Budgets…) bei den sogenannten Businesshotels. Einfach, sauber und mehr braucht man nicht.

Da wir schon am Nachmittag in Morioka angekommen waren und uns das Mittagessen fehlte, beschlossen wir, einen Tipp aus dem Lonely Planet umzusetzen. Morioka ist bekannt für drei verschiedene Arten von Nudeln: Morioka Reimen, Morioka Jajamen und Wanko Soba. Spätestens bei Letzteren wird es lustig: Man bekommt Miniportionen und die Kellnerin versucht schneller neue Schüsseln auszuteilen als man Stopp sagen kann. Eine normale Portion umfasst wohl 15 Schüsselchen. Da wir nicht ganz so verrückt waren, das ausprobieren zu wollen, stand Morioka Jajamen auf dem Plan. Den Laden aus dem Lonely Planet haben wir trotz längerem Suchen allerdings leider nicht gefunden. Dafür landeten wir jedoch beim Morioka Castle Site Park, wo es die Mauern einer Burg mit schickem Park zu bestaunen gibt. Gleich nebenan befindet sich der Sakurayama Schrein, welcher auch sehr schön ist. Wir haben also sogar ein bisschen was von der Stadt gesehen, wenn auch nicht beabsichtigt. ;)

Letztlich sind wir wieder in Bahnhofsnähe gelandet und zwar bei Hot Jaja, was so gut wie nur Jajamen serviert und ein paar Kleinigkeiten. Man bekommt ein Lätzchen, was man tatsächlich braucht, und dann seine Nudeln mit Gurken, Ingwer und Misopaste. Wenn man das alles schön gemischt hat, kann man auch noch andere Dinge wie Chili oder auch Knoblauch hinzufügen. Hat man das alles aufgegessen, besteht die Möglichkeit ein Ei in seiner Schüssel aufzuschlagen und sich heiße Brühe geben zu lassen. Da darf man dann Pfeffer, Salz sowie Misopaste hinzufügen. Sehr reichhaltig und lecker und erstaunlich billig. Fazit: Sollte man mal ausprobiert haben, wenn man in Morioka vorbeikommt.

Jajamen in Morioka bevor man sich darüber her macht Das Ganze dann vermischt (mit Lätzchen!)

Eigentlich wollten wir ja etwas weiter im Norden an den Tazawa Lake, aber nun ja, die Anreise hätte sich etwas kompliziert gestaltet und der Wetterbericht war auch nicht so berauschend, weshalb wir uns für Kakunodate entschieden haben (45 Minuten Fahrzeit).

Kakunodate ist ein kleines Städtchen mit reicher Geschichte. Natürlich kommen sicherlich viele Leute vor allem zur Kirschblüte her, da es unglaublich viele Kirschbäume dort gibt, unter anderem Trauerkirschen (hatte ich vorher noch nie gehört). Wir sind aufgrund der Samurai gekommen, die hier gelebt haben. Es gibt noch viele Häuser, die man von außen oder aber auch von innen anschauen kann. Wir haben so ziemlich alle mitgenommen, die es da gibt (Übersichtskarte an der Info): Odano Samurai House, Kawarada Samurai House und das Iwahashi Samurai House. Die sind alle kostenlos und zum Teil wirklich schick anzusehen. Spektakulärer ist natürlich dann das Aoyagi Samurai House mit kleinen Ausstellungen, welche Samurairüstungen, Schwerter, Pistolen und auch Gegenstände aus dem normalen Leben umfassen. Zusätzlich gibt es dann noch einen schönen Garten, ein Restaurant, ein Teehaus, eine kleine Bildergalerie und natürlich mehr als einen Souvenirladen. Man kann dort einiges an Zeit verbringen. Das Ishiguro Samurai House ist dann etwas kleiner, aber auch ganz nett gemacht.

Eines von vielen Toren zu den Häusern der Samurai Innenraum in einem der vielen Samuraihäuser (inklusive Raumtrenner) Ja, man darf auch mal selbst zum Samuraihelm greifen :)

Im Heritage Center (an der Info gab es Rabattzettelchen für den Eintritt – auf Nachfrage) kann man sich ebenfalls einige Ausstellungsstücke anschauen. Hier ist insbesondere die Kunst des Kabazaiku zu bestaunen. Dabei werden Gegenstände aus der Rinde von Bergkirschbäumen gefertigt.

Den Abschluss stellte dann eine kleine Runde durch das Händlerviertel dar. Zwischen zwei Straßen erstreckt sich ein ganzes Gelände (Nishinomiya House). Wir sind bei einem Herrn hängen geblieben, der auf traditionelle Art und Weise Flip Flops (Zori) hergestellt hat. Und zwar aus Reisstroh, welches mit breiten Stoffbändern zusätzlich umwickelt wird. Echt faszinierend!

Zum Schluss sind wir noch am Ando House vorbei gekommen. Hier ist eine Miso- und Soyasoßenfabrik angeschlossen. Die Räumlichkeiten, die man sich allein schon beim Besuch des Ladens anschauen kann, sind es definitiv Wert herein zu schauen! Familienfotos zeigen, dass nach Ladenschluss sicherlich auch ein bisschen des normalen Lebens dort noch stattfindet. Das Gästezimmer hat auch schon mehr als eine Hochzeit gesehen, wenn man nach den Fotos dort geht.

Sprich: Man kann in dem Ort wirklich Zeit verbringen. In den Ausstellungen gibt es zumindest eine kleine Broschüre auf Englisch, so dass man meist weiß, was man vor sich hat. Viel ist jedoch nur auf Japanisch, insbesondere bei den Erläuterungen zu einzelnen Ausstellungsstücken. Die Angestellten freuen sich aber ungemein, wenn man als Nicht-Asiat vorbei kommt und kein Wort versteht. Ach ja, man kann auch mal zum Fotomotiv für Japaner werden. Und das, obwohl man meinen könnte, dass hier so einige Touristen vorbei kommen dürften. Soviel also dazu. :)

Von Kakunodate ging es für uns dann weiter nach Sendai (1,5 Stunden Fahrzeit). Hier sind wir im Hotel Pearl City Sendai für zwei Nächte unter gekommen. Am nächsten Tag stand Yamadera auf dem Plan (eine Stunde Fahrzeit). Ein kleines beschauliches Örtchen mit einer Tempelanlage am Berg (Rishaku-ji). Etwa 1000 Stufen darf man den Berg hinauf klettern (und entsprechende Hinweisschilder erinnern einen auch immer wieder daran, wie viele Stufen man genau noch vor sich hat…). Die Anlage ist recht schön, auch wenn ausführlichere Erklärungen auf Englisch wünschenswert wären. Es gibt wohl auch die Heilige Flamme Konpon-chudo, welche seit 860 brennen soll, am Fuße des Berges. Nun ja, wir haben den entsprechenden Schrein dafür übersehen und können es weder bestätigen noch widerlegen. ;)

Blick auf die Tempelanlage von Yamadera (vom Bahnhof aus) Wusste ich es doch! Ein Lätzchen!!! So wird auch mal Jack Skeleton zur Opfergabe Alles was glänzt, ist Geld - nein, es ist nicht festgeklebt, nur geklemmt Zieht euch warm an! Zwischen Herbst und Winter Marvin!!! (aus Per Anhalter durch die Galaxis)

Witzig war die Tatsache, dass hierher wohl auch Schulklassen kommen. Zwischen „Hello“ und „Konichiwa“ gibt es so einiges an Gelächter und große Augen, wenn man als offensichtlicher Nicht-Asiat vorbeiläuft. Unser Grinsen wurde immer breiter.

In Kakunodate sowie auch in Yamadera haben wir uns zum Mittagessen in kleine Restaurants getraut, die wenigstens Bilder in der Speisekarte hatten oder auch englische Übersetzungen. Es gibt in jeder Region irgendwelche traditionellen Speisen und selbst wenn man keinen Fisch oder Meeresfrüchte isst, kann man hier so einiges finden, was man probieren kann (in Yamadera beispielweise Soba, heiß oder kalt). Gut, Kokkyaku (zumindest glauben wir, dass das so heißt – Google war nur bedingt hilfreich in diesem Fall...) kann man unserer Meinung nach auch weg lassen. Das Zeug wird aus Miso hergestellt und hat eine geleeartige Konsistenz. Nicht wirklich lecker.

In Sendai wurden wir dann 6:45 Uhr von einem Erdbeben, welches mehrere Sekunden gedauert hat, geweckt. Laut Internet war die Stärke bei 5,8 auf der nach oben offenen Richterskala am Ursprungsort und etwa 4,0 bei uns. Ich kann ehrlich behaupten, dass es ein bisschen gruselig war und wir auch gleich den Fernseher angemacht haben, um zu schauen, ob es Warnungen gab. In der 8. Etage ist das irgendwie nicht ganz so witzig, wenn das gesamte Gebäude hin und her schwankt und das Bett wackelt...

Wir haben uns dann im Verlauf des Tages noch das Mausoleum von Date Masamune (Zuihoden) angesehen (Businfos an der Touristeninfo zu erhalten – wirklich gut gemacht). Date Masamune war einer der größten Samurai, die es gab. Er war auch bekannt als der einäugige Drache, da er als Kind ein Auge an die Pocken verloren hat. Er ist der Begründer von Sendai. Was man zum Mausoleum (und auch den Mausoleen seines Sohnes und Enkels) wissen muss, ist, dass sie sage und schreibe in den 80er und 90er Jahren neu gebaut wurden, nachdem sie 1945 im 2. Weltkrieg durch Luftangriffe vollständig zerstört worden waren. Die Bauten sind allerdings nicht weniger beeindruckend, als sie es vorher sicherlich auch schon waren.

Auch der Sendai-Burg (Aoba) haben wir einen Besuch abgestattet. Viel zu sehen gibt es allerdings außer ein paar Mauern nicht. Ach ja, eine Statue von Date Masamune natürlich.

Warum werden Tempel eigentlich immer auf Hügeln oder Bergen gebaut??? (Zuihoden Das Mausoleum von Date Masamune Statue von Date Masamune - er kann auf den Wolken gehen!

Es gibt wohl noch im Sendai-Museum die Originalrüstung von Date Masamune zu sehen, aber so viel Zeit hatten wir dann doch nicht mehr. :)

Eigentlich kommt man mit dem Loople-Bus, also dem Touristen-Sightseeing-Bus, gut von A nach B. Es gibt Erläuterungen auf Englisch, aber man sollte hier doch das Tagesticket nutzen, sprich, man braucht etwas mehr Zeit als wir hatten. Wir sind also Taxi gefahren um vom Mausoleum zur Burg zu kommen. Kleiner Tipp: Nicht versuchen, selbst die Tür aufzumachen, die geht magisch von selbst auf und auch zu. Und wenn man kein Japanisch kann, dann tut es auch die große Übersichtskarte, die sich häufiger an irgendwelchen Stellen findet, um dem Fahrer klar zu machen, wo man hin möchte. :)

Für uns ging es dann weiter mit dem Shinkansen nach Tokio (1,5 Stunden Fahrzeit). Eigentlich wollten wir nach Nikko, aber an einem Wochenende ist das offensichtlich nicht so die brillante Idee. Allein die Hotelpreise ließen uns die Ohren schlackern. Also wird es Tokio, wenn auch deutlich eher als geplant (nicht, dass wir einen Plan hätten, wann wir wohin wollen, aber das steht hier gerade nicht zur Debatte ;) ).

Was gibt es noch zu sagen? Wir haben uns eine Suica-Karte geholt. Die kann man mit der Octopus-Card in Hongkong vergleichen. Sie funktioniert in so ziemlich allen öffentlichen Verkehrsmitteln in ganz Japan und kann immer wieder aufgeladen werden. Ausprobiert wurde die natürlich schon in Sendai. So eine Karte kann man eigentlich an den entsprechenden Automaten kaufen. Wir sind selbst mit der vorhandenen englischen Übersetzung allerdings nicht so wirklich schlau daraus geworden und haben uns dann am Schalter eine geholt. Mit Null Japanisch unsererseits und keinerlei Englisch von Seiten des Angestellten haben wir uns trotzdem gut verstanden. Es ist schon irgendwie beruhigend, wie man völlig ohne Sprachkenntnisse durch ein Land kommen kann.

Und was macht man bei kleinen Erdbeben? Die Grabsäulen umarmen? (gesehen bei Zuihoden)